Nordrandweg 5/15 „Der alte Mann und Höchst“

2 Wanderern bin ich heute begegnet. Der 26km lange Weg und ich waren also die meiste Zeit unter uns. Nach der gestrigen Völkerwanderung war das Balsam für meine Stimmung. Der erste Wanderer war ein „echter“ Wanderer. Das heißt, an seinem prall gefüllten Rucksack klebte eine Isomatte. Er schwitzte sich gerade den Anstieg hoch, den ich nach meiner obligatorischen Fußmassagenpause runter gehen durfte.

Der zweite Wanderer war ein alter Mann, der Zigarillo schmauchend auf einem Stein am Wegesrand saß. Ich beäugte ihn kritisch, grüßte ihn beim Vorbeigehen aber dennoch. Später, ich hatte meine Füße liebevoll mit Hirschtalgcreme beschmiert und wollte gerade wieder aufbrechen, trafen wir uns wieder und er sprach mich sogleich an. Er könne nicht mehr so, sei ja schon 83, die Knie, ganz schlecht. Früher sei er öfter und länger unterwegs gewesen, aber jetzt… Ich entgegnete, dass ich ja auch schon 47 Jahre alt sei. Er lachte, sagte nichts dazu und schüttelte den Kopf. Alt sein ist wohl relativ. Er erzählte mir noch von seinen Montagereisen nach Nordafrika, Südamerika und, nachdem ich erwähnte, dass ich aus dem Frankfurter Raum komme, Höchst. Er packte eine Zigarillo aus und wir verabschiedeten uns voneinander.

Morgen ist die Etappe auf dem Weg 29km lang (Bläsiberg), leider geht es dann noch mal 4km zur Unterkunft (Wiesensteig). Ich gebe zu, dass verursacht Schmetterlinge im Bauch, nein eher Motten. So lange Strecken muss ich mir gut einteilen, sonst habe ich ganz schnell keinen Elan-Empfang mehr.

Nordrandweg 4/15 „Sockémon“

Wer heitere Gruppendynamik, freundlich biertrinkende Männer mitten auf Pfaden, fröhlich schallendes Kinderlachen und anständig ausgebuchte Lokalitäten spannend findet, der wäre heute, am 1. Mai, glücklich geworden. Ich war es leider nicht, obwohl die Wanderung heute sehr arm an Schotterwegen und reich an Wiesen und Aussichten war. Hätte heute Hannibal die Alb statt damals die Alpen gequert, er wäre vor Neid und Scham ob der Herrscharen von unbewaffneten Ausflüglern im Boden versunken.

Heute habe ich die Bekanntschaft von Sockémon machen dürfen. Der knuffig, kleine Bolonka schnüffelte zuerst an meinen Füßen, die ja regelmäßig Freigang haben, bevor er eine Duftprobe meiner Socken nahm und, der Duft war ihm wohl genehm, diese als Beute sorglos mitnahm. Ich glaube, ich habe etwas heftig reagiert, als ich lautstark das Tal zusammenbrüllte. Dachte mir, damit verschaffe ich mir bei dem Wollknäuel gleich Respekt. Den hatte ich, allerdings nur von seiner Familie, die ihm sogleich nachfolgte. Die haben sich vielmals entschuldigt, mir die vollgesabberte Socke zurückgeben und meinten noch, das sei typisch für ihren „Sockémon“.

Heute ist meine Unterkunft in Heubach. Und was da hergestellt wird, könnt ihr auf einem der Bilder sehen. Es lohnt sich. Morgen geht’s nach Kuchalb, ein kleiner Weiler unweit von Donzdorf, welches sich direkt neben Süßen in die Landschaft schmiegt, welches recht nah an Göppingen liegt, also nicht ganz so fern von Stuttgart.

Nordrandweg 3/15 „3/4 Marathon“

Heute bin ich von Bopfingen nach Aalen-Unterkochen gewandert. Ja, das Aalen, dessen Nummernschilder am Anfang jeder Liste stehen. Laut Wegemarkierung bin ich 29,8km unterwegs gewesen, dazu kommt noch der Abstecher zur Kapfenburg und die Einkäufe am Abend. Gefühlt also um die 200km. So erschöpft war ich schon lange nicht mehr. An der Kasse im Supermarkt habe ich mir ernsthaft sorgen gemacht, ich könnte kollabieren, wenn die Omi vor mir noch länger in ihrer Börse herumkramt.

Das Wetter war heute nicht ganz so blau, ein paar weiße Wölkchen waren dann doch zu sehen. Außer heute morgen, da habe ich mit dem Regenschirm den Wolken drohen müssen. Das hat doch tatsächlich gewirkt.

Morgen wird es ganz entspannt. Der Wanderführer sagt 22km, der Hotelplan 24km und die Streckenangabe im Wanderführer 18km voraus. Ob 6km mehr oder weniger, das nimmt man hier nicht so genau.

Nordrandweg 2/15 „Das Pollen-Ereignis“

Es gibt 2 Themen, die mich auf meinen Wegen immer wieder beschäftigen: Das Wetter und meine Füße. Das Wetter ist Schicksal, den Füßen kann ich evtl. unter die Arme greifen, dazu nächste Woche mehr.

Ich hatte bei meinen Wanderungen noch nie schlechtes Wetter, was statistisch gesehen schon recht ungewöhnlich ist. Doch dieses Mal, fürchte ich, wird es mich treffen. Ich bin über 2 Wochen unterwegs, da muss es einfach mal länger regnen. Zurzeit könnte das Wetter nicht besser sein: blauer Himmel, erträgliche Temperaturen und minimaler Sonnenbrand.

Was mich doch etwas überrascht, ist der Pollenflug. Hab ich so krass noch nicht erlebt. Ich kann mich beinahe jede Stunde in einen kleinen Staubteufel verwandeln, wenn ich meine Klamotten, die Schuhe oder den Rucksack abklopfe. Den Preis zahle ich aber gerne, wenn ich dafür überall blühende Bäume und Wiesen erleben darf.

Heute habe ich wieder eine Schlange gesehen, dieses Mal von der lebenden Sorte. Sie hat mir sogar die Zunge rausgestreckt, leider erst nachdem ich ihr zungenloses Abbild für die Ewigkeit in die Cloud gesendet habe.

Nordrandweg 1/15 „Das Ries-Ereignis“

Nicht alle Tage geht man am besten erforschten Einschlagkrater der Erde (Wikipedia) entlang. Vor ca. 15 Millionen Jahren schlug im Nördlinger Ries ein 1.500m großer Asteroid ein. Der Einschlag war auf der ganzen Erde zu hören. Noch 200km entfernt war der Feuerball so hell wie die Sonne und zehnmal so groß. Das entstandene Impaktgestein hat 2.000 Jahre gebraucht um sich von 600°C auf 100°C abzukühlen.

Und exakt 14.602.018 Jahre später sieht es hier wieder ganz nett aus. Es gibt jetzt Burgen, Bäume und Wanderer. Wobei ich letzterem heute nicht begegnet bin. Allerdings habe ich eine Schlange gesehen. Nein, nicht vor der Eisdiele, so richtig echt, aber tot.

Morgen geht es von Mönchsdeggingen (nö, muss man nicht kennen) nach Bopfingen (ob Kennenswert, erfahrt ihr morgen). Heute bin ich von Donauwörth (von dessen Existenz man wenigstens wissen sollte) angeblich 32km zu meinem Etappenziel gewandert. Ich traue den Zahlen nicht so ganz, weder denen im Wanderführer noch den Zahlen auf den Wegweisern.